(PM) Wer ist beim Masterplan am Zug?
« am: 30. Januar 2014, 19:40 »
Pressemeldung aus der Sächsischen Zeitung vom 30.01.2014 / Wirtschafts-Teil

Wer ist beim Masterplan am Zug?

Sachsen wartet seit Oktober auf das Infrastrukturkonzept. Die Bahn spricht von Feinschliff.
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Von Michael Rothe

Für Verspätungen steht die Bahn mittlerweile gerade. Vorausgesetzt: Der Reisende weiß und reklamiert es. Doch wie ist das bei Verzug von Monaten wie beim versprochenen „Masterplan“ für Sachsens Schieneninfrastruktur?

Seit dem Chemnitzer Bahngipfel im Sommer 2012 feilen der Konzern und der Freistaat an einem „Strategiekonzept“. Ein Jahr später hatte Bahnchef Rüdiger Grube im SZ-Interview erklärt: „Der von uns vorgeschlagene Masterplan heißt jetzt Strategiekonzept. Wir wollen es gemeinsam mit Ministerpräsident Tillich und Minister Morlok Anfang Oktober der Öffentlichkeit vorstellen.“

Fast vier Monate nach dem versprochenen Termin lässt das Papier noch immer auf sich warten. Dabei war es nach SZ-Informationen schon unterschriftsreif und hatte im September für eine hitzige Landtagsdebatte gesorgt. Auch dort war von einer „Zielgeraden“ die Rede, auf der sich das Konzept befinde. Und es gab Kritik. Für Bündnis 90/Die Grünen ist der Masterplan seinen Namen nicht wert, weil er aus ihrer Sicht nicht die Entwicklung des gesamten Bahnnetzes im Freistaat absichert, einschließlich des Nah- und Güterverkehrs, sondern nur die Belange des Fernverkehrs.

Und nun wohl bis heute nicht mal die. Woran liegt es? „Es gab im Oktober einen abgestimmten Textentwurf, dann hatte die Bahn plötzlich Änderungsbedarf“, sagt Sachsens Verkehrsminister Sven Morlok (FDP) zur SZ. Auch der Konzern bestätigt, dass das Konzept „im Prinzip inhaltlich fertig“ ist und spricht von „redaktionellem Feinschliff“. Gründe für die Verzögerung nennt die Bahn ebenso wenig wie Inhalte des Papiers. Sie spricht nur pauschal von „Präzisierungsbedarf“ bei der Anmeldung zum nächsten Bundesverkehrswegeplan.

Nach SZ-Informationen geht es im Wesentlichen um vier Infrastrukturprojekte: die seit Jahren vor sich hin dümpelnde Ausbaustrecke Dresden–Berlin, die Elektrifizierung von Dresden über Görlitz bis zur polnischen Grenze, um Elektrifizierung und Ausbau der Strecke Leipzig–Chemnitz und – aber nur perspektivisch – um eine Neubaustrecke von Dresden nach Prag.

Diese Vorhaben gelten als wesentliche Eckpfeiler, um Sachsen besser in das deutsche und europäische Netz einzubinden. Derzeit sehen sich Bahnfahrer im Freistaat eher auf dem Abstellgleis. Eine von der TU Dresden 2012 veröffentlichte Studie zur Erreichbarkeit im Schienenpersonenverkehr brachte Ernüchterndes zutage. Danach rangiert Dresden unter den 80 größten deutschen Städten auf Platz 75, Chemnitz gar auf 78, Leipzig nur wenig besser auf 58. Seither hat sich allenfalls für die bestplatzierte Messestadt etwas verbessert.

„Wir sind gern bereit, das vorgesehene Papier vom Oktober zu unterschreiben“, erklärt Minister Morlok. Den plötzlichen Sinneswandel bei der DB kann er sich nicht recht erklären. „Ich habe das Gefühl, die Bahn hat einfach zu wenig Leute für solch große Aufgaben“, mutmaßt Morlok. So seien fehlende Kreuzungsvereinbarungen in Brandenburg als Grund für die jahrelange Verzögerung von Dresden–Berlin nur vorgeschoben. Entgegen der Behauptung der Bahn seien sie laut Gesetz keine Voraussetzung zur Planfeststellung.

Nach der Zusage Brandenburgs, seinen Kommunen bei der Finanzierung der nötigen Über- und Unterführungen zu helfen, soll es nun keine Probleme mehr geben. Seit den regelmäßigen Spitzentreffen der Beteiligten verlaufe alles „planmäßig“, so die Bahn. Das heißt: Ende 2017 Tempo 160, ein Jahr später 200 km/h. Morlok selbstkritisch: „Ich ärgere mich, dass wir nicht schon zwei Jahre früher auf die Idee gekommen sind, so einen Druck aufzubauen. Dann wären wir heute weiter.“ Der Zeitdruck wächst. Auch anderswo. „Spätestens im Frühjahr brauchen wir die Planungsvergabe für Dresden–Görlitz“, so Morlok. „Nur mit einer ordentlichen Kosten-Nutzen-Analyse kommen wir damit in den Bundesverkehrswegeplan.“

Weiter ist man mit der Strecke Chemnitz–Leipzig. Dort hat Sachsen die Vorplanung finanziert. „Investitionen in die Schiene bringen das Land weiter. Dafür lohnt es dann auch, eigenes Geld in die Hand zu nehmen“, sagt Morlok und ergänzt: „Wenn es für diese Strecke zum Schwur kommt, könnte auch das Land wieder etwas beisteuern – ähnlich den gut 50Millionen für die Autobahn 72.“

Mehr Zeit ist für eine zum Teil unterirdische Neubaustrecke Dresden–Prag, die viele ein Hirngespinst nennen. Für Morlok „keine kurzfristige Aufgabe. Aber wenn wir die Strecke im europäischen Kernnetz etablieren wollen, müssen wir jetzt handeln. Wir sind uns mit Brüssel einig, dass der Korridor durch das Elbtal an die Kapazitätsgrenze stößt.“ Und wann soll das überfällige Strategiekonzept kommen? „Wir sind in den letzten Zügen“, heißt es von der Bahn – und spricht vom „ersten Quartal“.