(PM) Sitzplatz im Bus dringend gesucht
« am: 11. September 2012, 17:53 »
Pressemeldung aus Sächsische Zeitung, Ausgabe Dresden, vom 11.09.2012, Seite 15

Sitzplatz im Bus dringend gesucht

Johannstadt-Nord

Die Linie 62 ist eine der wichtigsten in der Stadt. Doch in den Stoßzeiten gibt es oft nicht mal Stehplätze. Das soll sich nun ändern.

von Tobias Wolf

Annika Maier aus der Johannstadt fährt täglich mit der Linie 62. Die 24-jährige Studentin muss quer durch die Stadt zur Uni - selten ein Vergnügen. "Obwohl ich zu unterschiedlichen Zeiten fahre, ist der Bus oft total voll", sagt sie. "Nicht nur früh im Berufsverkehr, sondern auch nachmittags." Wie Maier geht es vielen, die von Johannstadt nach Plauen oder in der Gegenrichtung unterwegs sind. Grazia Engelmann muss im Winter oft sehr viel früher aufstehen, damit sie überhaupt eine Chance auf den Bus hat. "Die sind so zum Platzen gefüllt, dass da keiner mehr reinpasst", sagt die 24-jährige. "Da bleibt einem nicht übrig, als auf den nächsten zu warten oder deutlich eher zu fahren." Sie wünscht sich mehr Busse oder längere Wagen in den Hauptzeiten.

Das fordert auch ein Antrag der SPD-Stadtratsfraktion, der heute in den Ortsbeiräten Altstadt und Plauen behandelt wird. Denn die Linie 62 ist eine der wichtigsten in der Stadt. An der Route liegen die Technische Universität, unzählige Schulen und Gymnasien sowie die Arbeitsagentur an der Budapester Straße. Dazu der Dr.-Külz-Ring mit seinen Einkaufstempeln und die großen Umsteigehaltestellen der Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB).
"Nach dem der Freistaat die neue Strecke von Johannstadt nach Plauen aus dem Stadtbahnprogramm herausgenommen hat, gilt es nun, wenigstens die Buslinie zu verbessern", sagt SPD-Stadt Axel Bergmann. "Dazu müssen in den Hauptzeiten mehr Fahrzeuge eingesetzt werden." Gerade auf der Studentenlinie 62 seien die Stoßzeiten lang. Schon jetzt komme darin aller sechs Minuten ein Bus. Mit 2 120 Fahrgästen pro Kilometer ist die Strecke an dritter Stelle bei den Dresdner Linien. Nur die Straßenbahnen 3 und 12 transportieren noch mehr Passagiere.

Freistaat stoppt Straßenbahn

Deshalb sollte der Abschnitt Johannstadt – Plauen zur Straßenbahnstrecke ausgebaut werden, weil in die Züge deutlich mehr Fahrgäste hineinpassen. Zumal die Einwohner- und Schülerzahlen weiter wachsen, sagt eine Rathaussprecherin. Doch die Plauener FDP machte mobil gegen die Pläne, und die Staatsregierung folgte. Weil die Gleise auf der Chemnitzer Straße verlaufen würden, drohe durch die Bahnen zusätzlicher Stau, kämen Rettungsfahrzeuge nicht mehr schnell genug durch. Stattdessen sollten mehr Busse eingesetzt werden, so die Kritiker. Allerdings verursachen mehr Busse auch mehr Stopps für nachfolgende Autofahrer. „Den Busverkehr durch die Straßenbahn zu ersetzen, wäre insgesamt die komfortabelste, wirtschaftlichste und umweltfreundlichste Lösung“, sagt DVB-Sprecher Winfried Oelmann. „Wir haben die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass dies einmal Realität wird.“

Mehr Busse einzusetzen sei aber derzeit nicht geplant, obwohl dies praktisch möglich sei. Zusätzliche Wagen, die gezielt auf einzelnen Streckenabschnitten eingesetzt werden können, würden demnach bis zu 150 000 Euro pro Jahr kosten so der DVB-Sprecher. Hauptproblem sei aber, dass es diese Busse nicht gibt. Aufgrund der unrealistische Regelungen zur Busförderung durch den Freistaat könnten die DVB 2012 vermutlich gar keine Fahrzeuge kaufen, sagt Oelmann. Auch überlange Busse sind noch ferne Zukunftsmusik. Die kürzlich in Dresden vorgestellte 30 Meter lange Autotram hat bislang keine Zulassung für den Linienverkehr.