<ironie>
Der Führerscheinentzug kann gar nicht gut für die Allgemeinheit sein:
1. Der Sünder kann nicht mehr sein Auto nutzen, sondern muss auf die öffentlichen Verkehrsmittel umsteigen, die nicht nach dem Willen des Sünders fahren, sondern nur nach Fahrplan, und insbesondere auf dem Lande nur alle 2 Stunden. Als Alternative geht auch Fußmarsch oder Fahrrad, und das bei jedem Wetter.
2. Die Tankstellen verdienen nicht daran.
3. Die ÖPNV-Fahrgäste treffen auf eine vollere Bahn. -> Unattraktiver
4. Die Sünder werden sich wohl öfters wegen Kleinigkeiten bei den Verkehrsunternehmen beschweren, wo die freiwilligen ÖPNV-Nutzer das tolerieren würden (Sitzplatz erst an der 2. Haltestelle bekommen, kein 5-Minuten-Takt, zu teuer, zu langsam, Scheiben beschlagen, Bahn ruckelt bei Nieselregen, ...)*. So nach dem Prinzip: Jetzt darf ich nicht mal mit meinem tollen Auto, sondern muss mit dem blöden ÖPNV fahren. Da ist denen auch der winzigste Nachteil recht, so können sie behaupten, dass das eigene Auto viel besser ist.
5. Die Behörden müssten sich mit vielen Rechtsanwälten herumschlagen.
Die Gewinner wären:
1. die restlichen Autofahrer, die weiterhin fröhlich die Umwelt mit ihren Abgasen verpesten. Die bekommen durch leerere Straßen sogar eine Attraktivitätssteigerung. -> Wo soll hier die Allgemeinheit profitieren?
2. die Rechtsanwälte, die dürfen jetzt darlegen, warum ausgerechnet ihr Mandant kein Fahrverbot bekommen sollte. -> Wo soll hier die Allgemeinheit profitieren?
* Dass bei den Verkehrsunternehmen recht kuriose Beschwerden eingehen, dürfte Eingeweihten nach dem Motto „Ich kenne da jemanden, der jemanden kennt, der wiederum jemanden kennt, dessen Frau in der Beschwerdeabteilung der DVB arbeitet“ bekannt sein. Man könnte eigentlich einmal ein Buch daraus machen.
</ironie>
<ernsthaft>
Dass weder das neue noch das alte Bußgeldsystem gerecht ist, fällt selbst mir, der noch keine Fahrschule besucht hat, auf.
Die Punkte sind nicht gerecht verteilt. Hier am Beispiel des alten Systems:
- Beinaheunfall an Straßenbahnhaltestelle mit aussteigenden Fahrgästen, weil Autofahrer „geträumt“ hat: 50 € + 2 Pkt. (92.2 Bußgeldkatalog) – konkrete Gefährdung lag vor, da es fast mit Fußgänger gekracht hätte.
- Rote Ampel missachtet, obwohl Kreuzung leer: 200 € + 4 Pkt. + 1 Monat Fahrverbot (132.3 Bußgeldkatalog) – es liegt keine Gefährdung vor, weil keiner da war.
- Mit Stinker in Umweltzone eingefahren: 40 € + 1 Pkt. (153 Bußgeldkatalog) – Wofür hier ein Punkt gerechtfertigt ist, ist mir nicht klar: Eindeutig keine Gefährdung, und ich habe noch keinen gesehen, der seine Nase unmittelbar in einen Auspuff steckt.
Das Fahrverbot ist ungerecht. Nehmen wir mal zwei (fiktive) Beispiele:
A. Hausfrau, nicht arbeitstätig, Großstadt, Aldi direkt unter Wohnung, zwei Straßenbahnlinien (je 10-Minuten-Takt) haben eine Haltestelle 100 m entfernt, Partner hat auch Führerschein, Hausfrau hat ÖPNV-Jahreskarte, nutzt Auto nur selten.
B. Berufskraftfahrer, lebt auf Dorf ohne Supermarkt, nächster Supermarkt ist 30 km entfernt, Bus fährt nur zweimal am Tag, nämlich zu Schulbeginn und -ende, alleinerziehend.
Während ein Führerscheinentzug bei B existenzbedrohend wäre, würde A nur mit den Schultern zucken. Wobei bei B auch jetzt schon die Möglichkeit besteht, ein Fahrverbot in ein erhöhtes Bußgeld umzuwandeln.
</ernsthaft>