Bericht vom 05.12.2010 aus der "Morgenpost am Sonntag", Seite 9
Bahn legt sich quer - mal sehen wie lange
CHEMNITZ/LEIPZIG - Ob das wohl gut geht? Nach ihrer schier endlosen Pannenserie wagt es sich die Bahn, ab nächsten Sonntag wieder ihre Neigetechnik einzusetzten. Nach dem Fahrplanwechsel sollen sich die Regionalzüge zumindest auf drei Strecken wieder kühn in die Kurve legen.
Beim sächsischen ICE-Verkehr hingegen ist ein Ende der geneigten Pannen noch lange nicht in Sicht.
Vor nunmehr 13 Jahren wurden die Baureihen VT611 und 612 mit Neigetechnik eingeführt. Zunächst als ein "Wunderkind deutscher Technologie" gefeiert, zeigten sich schon bald in der Praxis die erheblichen Pannen: Mitten in der Kurve schaltete sich die Neigetechnik ab - es kam zu Vollbremsungen und Verletzten.
Immer wieder wurden die Fehler angeblich entdeckt und angemerzt (Mopo berichtete vielfach), doch niemals auf Dauer. Zuletzt wurde die Neigetechnik im Oktober 2009 ausgeschaltet - seither stehen auf den betroffenen Strecken Verspätungen auf der Tagesordnung.
Neuerdings jubelt Bahnsprecher Oliver Schuhmacher wieder: "Gemeinsam mit der Fahrzeugindustrie konnte der Fehler identifiziert werden. Wir müssen die Neigetechnikantriebe nur mit neuen Spindeln ausrüsten."
Bis zum Fahrplanwechsel sollen also 55 Fahrzeuge mit Neigetechnik zur Verfügung stehen. Sie werden dann auf den Strecken Chemnitz-Leipzig, Leipzig-Hof, und Dresden-Hof-Nürnberg eingesetzt. Für die Strecke Chemnitz-Zwickau-Göttingen reichen die umgerüsteten Fahrzeuge nicht aus.
Beim sächsischen Fernverkehr - namentlich auf der ICE-Strecke Dresden-Leipzig-wird weiterhin auf die Neigetechnik verzichtet. Da fährt der Express teilweise nur noch aller zwei Stunden.